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Geschichte Pommerns: Inhaltsverzeichnis
This Site in English: From the Middle of the 13th Century to the Death of Bogislaw X (1523)
Pomeranian_Griffin: Weltweite Pommern-Gruppe für Geschichte, Kultur und Genealogie

4. Von der Mitte des 13. Jh. bis zum Tode Bogislaws X. (1250-1523)

Wenden wir nunmehr unseren Blick über die Grenzen des Herzogtums Pommern hinaus und schauen Richtung Osten über die Leba, wo, wie bereits erwähnt, im Gebiet bis zur Weichsel in den Landen Schlawe-Stolp seit dem 12. Jahrhundert ein naher Verwandter, wohl Bruder, des Stettiner Herzogs und seine Nachkommen regierten, die Ratiboriden. Seither wurde das Gebiet auch immer wieder von dem Stettiner Zentrum beansprucht. Verwaltungsmäßig - soweit man damals von Verwaltung sprechen kann - waren Schlawe und Stolp zwei Burgbezirke, von denen der westliche, Schlawe, zu Beginn des 13. Jahrhunderts zeitweise zu Dänemark gehörte und kirchlich Teil des pommerschen Bistums Kammin war. Die Stolper Gegend aber war bis zu ihrem Anfall an Pommern 1317 Archidiakonat von Gnesen, kam dann de facto ebenfalls zum Bistum Kammin, was aber offiziell erst 1349 bei der päpstlichen Bestätigung der Exemtion kirchenrechtlich geregelt wurde. Nach dem Aussterben der Ratiboriden um 1227 fiel Stolp direkt an Ostpommern, während Schlawe unter den Einfluß der Greifen geriet. Ab 1236 gehörten dann beide - Schlawe und Stolp - zu dem östlichen Nachbarn Pommern-Danzig (Pommerellen) unter den Samboriden. In Schlawe herrschten vorübergehend von 1217 bis zur Schlacht bei Bornhöved 1227 die Dänen. Auch danach war den Samboriden der Besitz von Schlawe keineswegs sicher. Unter den Samboriden und ihren Nachfolgern baute sich in Schlawe-Stolp zwischen 1257 und 1347 eine Familie eine fast eigenständige Herrschaft auf, die mit dem ,,palatinus" (Wojewoden, Vertreter des Herrschers in allen zivilen und militärischen Angelegenheiten) Swenzo dem Alten in die Geschichte tritt und deshalb als Swenzonen bezeichnet wird. Mitte des 14. Jahrhunderts verschwand diese Familie; ein Zweig von ihr lebt vermutlich in der Familie v. Puttkamer fort, die das Wappenbild der Swenzonen, den Fischgreifen, führt. Die Swenzonen begabten 1312 Rügenwalde mit lübischem Recht, 1317 Schlawe und 1343 Zanow. Als die Dynastie in Pommern-Danzig, die Samboriden, 1294 erlosch, kam es zunächst zu neuen Wirren. 1306 fiel Schlawe-Stolp an die Askanier in Brandenburg, andere Teile von Pommern-Danzig kamen 1309 durch Kauf an den Deutschen Orden. Die Askanier traten Schlawe-Stolp 1317 im Vertrag von Templin an Pommern-Wolgast ab. Das Stolper Land, das wie ganz Pommern-Wolgast damals von der Stettiner Linie vormundschaftlich regiert wurde, wurde von Stettin 1329 auf zwölf Jahre bis 1341 an den Deutschen Orden verpfändet, der 1329 das Land Bütow kaufte; Lauenburg und Bütow kamen erst 1455/66 an (Hinter-) Pommern. Stolp konnte 1341 fristgerecht durch große finanzielle Anstrengungen der Einwohner, des Adels und der Bürger, von Stadt und Land Stolp eingelöst werden und gehörte fortan fest zu Pommern (-Wolgast). - Noch um 1300 war das dünnbesiedelte kleine Land im Osten kaum christianisiert. Erst im 14. Jahrhundert setzte sich das Christentum durch, und etwa gleichzeitig wurde es von Deutschen besiedelt, wobei wiederum Slawen am Landesausbau beteiligt waren.

Damit sind wir der innerpommerschen Entwicklung aber ein Stück vorausgeeilt, der wir uns jetzt wieder zuwenden. - Das Bistum Kammin weitete vom frühen 13. Jahrhundert an seine Ausdehnung auf Kosten von Schwerin, Posen und Gnesen aus und wurde Großdiözese. 1240 nahm Herzog Barnim I. den dem Bischof von Kammin zukommenden Zehnten zu Lehn und überließ ihm dafür das Land Stargard zu Recht und Eigen, wodurch der Bischof Landesherr wurde: 1248 wurde das Territorium gegen das Land Kolberg eingetauscht. Die Bischöfe wurden sehr eifrige Förderer der deutschen Siedlertätigkeit und erhoben 1255 Kolberg zur Stadt lübischen Rechts. 1266 wurde Köslin gegründet, dem gut ein Jahrzehnt später Naugard (vor 1274) folgte. Kolberg und Köslin entwickelten sich zu den Zentren des Territoriums. 1276 wurde Kolberg Bischofssitz, während die Verwaltung nach Köslin kam. 1339 wurde das Land Bublitz erworben. 1356 mußte das Bistum die Schutzherrschaft der pommerschen Herzöge anerkennen.

1295 bestätigte Adolf von Nassau die 1231 von Kaiser Friedrich II. erteilte Lehnshoheit Brandenburgs über Pommern. So kam es unter starker Beteiligung der Stände (Ritterschaft und Städte) zu Stettin am 12. Juli 1295 zur erneuten Teilung Pommerns zur gesamten Hand, so daß die Einheit des gesamten Herzogtums gewahrt wurde. Bogislaw IV. erhielt den nördlichen Teil des Landes als Pommern-Wolgast mit Demmin und Anklam (Küstenregion), Otto I. den Teil südlich des Peeneflusses und der Ihna mit Stettin, Pommern-Stettin (Oder-Region). Das Haft, alle Flüsse und alle Häfen blieben gemeinsamer Besitz. Diese Teilung in Pommern-Wolgast und Pommern-Stettin blieb bis zum Erlöschen der Stettiner Linie im Jahre 1464 bestehen. - Interessant ist, daß bei dieser Teilung im Stettiner Land das Magdeburger bzw. Stettiner Stadtrecht galt, im Wolgaster Teil aber das lübische Recht. Dies ist ein Beweis für die sehr starke Stellung der Stände, insbesondere der städtischen Vertreter, die bei dieser Teilung mitgewirkt hatten. Neben acht Adeligen waren es vier Stettiner Bürger gewesen. Überhaupt sind Vertreter der Städte seit 12ß3 bei den Ständeversammlungen nachzuweisen, deren erste, wenn man so will, schon im 12. Jahrhundert zu finden sind, als Vasallen der Herzöge zusammentraten, um Angelegenheiten des gesamten ,,Landes" zu beraten. Seit 1231 können diese Zusammenkünfte als Träger der Landeseinheit und des Landesrechts angesehen werden, und 1278 bewilligten sie eine Landsteuer. Damals war wohl auch die Geistlichkeit als Stand zugegen, die aber ansonsten erst ab etwa 1415 ständig vertreten ist (Prälatenbank). Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts hatten die Stände ganz Pommerns eine sehr starke Stellung und trugen wesentlich dazu bei, daß bei den zahlreichen Landesteilungen gegen Ende des 14. und im 15. Jahrhundert das Bewußtsein für die Einheit ganz Pommerns nicht verloren ging.

Als 1325 das Fürstenhaus von Rügen erlosch, entbrannte der rügische Erbfolgekrieg zwischen Pommern und Mecklenburg (1326-1328), aus dem die Herzöge von Pommern im Frieden von Brudersdorf als Sieger hervorgingen. Das Fürstentum Rügen wurde Teil des Herzogtums Pommern-Wolgast. Nachdem 1319/20 in der Mark Brandenburg die Askanier ausgestorben waren, versuchten die Pommern erneut die Lehnshoheit Brandenburgs abzuschütteln. 1323 belehnte König Ludwig der Bayer seinen gleichnamigen Sohn, den ,,Brandenburger", nicht nur mit Brandenburg, sondern auch mit Pommern. Dessen Herzöge trugen daraufhin 1331 Papst Johannes XXII., einem Gegner Ludwigs des Bayern, ihr Land als Lehen auf und erhielten es als solches zurück, was aber auch nicht den gewünschten Erfolg hatte. Erst als Pommern 1332 die Brandenburger in der Schlacht am Kremmer Damm geschlagen hatte, gelang es Barnim III. von Pommern-Stettin (etwa 1300-1368), einem der tatkräftigsten und erfolgreichsten der pommerschen Herzöge, der u. a. in Stettin den Bau des Schlosses begann, auf dem Reichstag zu Frankfurt am Main 1338 unter Hintanstellung gesamtpommerscher und der Wolgaster Interessen die Lehnsherrschaft Brandenburgs für Stettin zu tilgen und als reichsunmittelbar anerkannt zu werden. Barnim III. mußte aber das Erbrecht der Brandenburger für den Fall des Erlöschens des Greifenhauses zumindest in der Stettiner Linie anerkennen. Diese Eventualerbfolge hob der nächste deutsche Herrscher 1348 auf. Karl IV. (1347-1378) aus dem Hause Luxemburg belehnte am 12. Juni 1348 Barnim III. und seine Wolgaster Vettern zur gesamten Hand mit ganz Pommern und Rügen und übertrug ihnen als Reichsfürsten das Amt des Reichsjägermeisters. Pommern war reichsunmittelbar. Trotz der Belehnung aller Herzöge auch mit Rügen erkannten die Wolgaster Herzöge weiterhin die dänische Lehnsherrschaft über dieses Fürstentum an. 1355 ließ sich Barnim III. nach der Kaiserkrönung Karls IV. die Belehnung bestätigen, was 1357 in feierlicher Form nochmals wiederholt wurde. 1365 begleitete er den Kaiser nach Avignon, der zuvor 1363 in vierter Ehe Elisabeth (1347-1393) geheiratet hatte, die Tochter Bogislaws V. von Pommern-Wolgast.

In der Zeit von 1346 bis 1350 und dann wiederholt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wütete die Pest in Pommern und raffte bis zum Jahrhundertende etwa ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung dahin. In demselben Zeitraum wurde auch etwa der gleiche Anteil an Siedlungsland wüst. Damit hing ein Verfall der Getreidepreise zusammen, während die städtischen Produkte infolge des Arbeitskräftemangels immer teurer wurden. Alle Schichten der Landbevölkerung verarmten. 1359 fiel die Grafschaft Gützkow, die schon seit 1216 bzw. 1219 pommersches Lehen war, an das Wolgaster Teilherzogtum. Pommern hatte jetzt nach außen hin im wesentlichen seine endgültige territoriale Gestaltung erhalten. - Mit der Teilung von 1295 hatte die Zersplitterung Pommerns erst ihren Anfang genommen. Das Teilherzogtum Wolgast erfuhr weitere Aufspaltungen. 1368 und endgültig 1372 wurde es so geteilt, daß sich die Lande östlich der Swine als Hinterpommern oder Pommern-Stolp verselbständigten; dieses Teilherzogtum bestand bis 1459 und wurde dann zwischen Wolgast und Stettin aufgeteilt. Die westlichen Teile mit Rügen wurden 1376, 1425 und 1457 in die Teilherzogtümer Barth und Wolgast zergliedert, 1393, 1451 und dann endgültig 1478 aber wieder als Wolgast vereinigt. - In jenen Jahrzehnten der großen Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen Orden und seinen Gegnern, insbesondere Polen, verfolgten die pommerschen Herzöge keine einheitliche Linie, vielmehr betrieb fast jeder Herzog seine eigene Schaukelpolitik. Einmal mehr waren Pommern und seine Teilherrschaften Objekte des historischen Geschehens und nicht (mit)-handelnde Subjekte.

In diesen Jahrhunderten der vielen Teilungen Pommerns und seiner völligen politischen Bedeutungslosigkeit sind zwei Entwicklungen festzuhalten, bei denen Pommern vorübergehend europaweite Bedeutung erlangte, wenn auch nur für kurze Zeit und im zweiten Fall mit unglücklichem Ausgang. - Viele der im 13. Jahrhundert in Pommern und Rügen gegründeten deutschrechtlichen Städte nahmen im Laufe der Zeit einen merklichen wirtschaftlichen Aufschwung. Einige traten dem losen Städtebund der Hanse bei. Hier ist neben Stettin, Greifswald, Anklam und Stargard vor allen Dingen Stralsund zu nennen. Insgesamt gab es in ganz Pommern achtzehn Hansestädte. Als 1361 der Dänenkönig Waldemar IV. Atterdag die Insel Gotland, einen der wichtigsten Handels- und Umschlagplätze der Hanse, erobert und deren Flotte vernichtet hatte, bedrohte er als Herr über den Sund den für die Hanse lebenswichtigen Handel zwischen Ost- und Nordsee. Die betroffenen Städte schlossen sich schließlich 1367 zu der Konföderation von Köln gegen Dänemark zusammen. Das Bündnis war militärisch außerordentlich erfolgreich und eroberte Kopenhagen, Schonen und Helsingborg, den Frieden verhandelten die Städte 1370 zu Stralsund. Bertram Wulflam, dortiger Bürgermeister seit etwa 1360, war in jener Glanzzeit der Hanse neben seinem Lübecker Kollegen ihr führender politischer Kopf und von großem Einfluß auf den gesamten Norden Europas. Der Friedensschluß in seiner Vaterstadt sicherte dem Städtebündnis die Vormacht im gesamten Ostseehandel, und Schonen kam vorübergehend unter die Herrschaft der Hanse.

Der Friede von Stralsund räumte den verbündeten Städten auch ein Mitspracherecht bei der Wahl des nächsten dänischen Königs ein. Die Krone Dänemarks fiel mit Zustimmung der Hanse an Waldemars Tochter Margarete (1375/87-1412), eine der tatkräftigsten Herrscherpersönlichkeiten des Nordens im Mittelalter. Sie war auch Königin von Norwegen (mit den Färöer-, Shetland- und Orkneyinseln, Island und Grönland), das seit 1380 (bis 1814) mit Dänemark in Personalunion verbunden war. l388 wurde sie auch von den Großen Schwedens (mit Finnland, den Åland-Inseln, Gotland und Öland) als Königin anerkannt und vereinigte so in ihrer Person die drei nordischen Königreiche. Zusammen waren sie das größte Staatengebilde des Mittelalters, dem freilich das einigende Band fehlte und das deshalb keinen Bestand haben sollte. Da das einzige Kind der verwitweten Königin, ihr Sohn Olaf, schon gestorben war, wählte sie ihren Großneffen Bogislaw (geb. 1381 oder 1382) zu ihrem Nachfolger, den Sohn von Herzog Wartislaw VII. von Pommern-Stolp. Das Kind übersiedelte 1389 nach Dänemark und nahm den Namen Erich (Erik) an; als Erich der Pommer ging er in die nordische und in die europäische Geschichte ein. 1397 berief Margarete die Großen ihrer drei Reiche nach Kalmar ein, wo sie die Personalunion ihrer Länder, die ,,Kalmarer Union", bestätigten und Erich zum Unionskönig krönen ließen, der aber erst ab 1412 nach dem Tod der Königin alleine regieren konnte. Gegen die Hanse förderte er zahlreiche Städte seiner Länder. Zwischen 1427 und 1429 führte er den Sundzoll ein, der bis 1857 Bestand haben sollte. 1423, als er auf seinem Zug nach Jerusalem durch seine Heimat reiste, zog er die heimischen pommerschen Herzogtümer der Wolgaster und Stettiner Linie durch ein Bündnis enger an sich, ein wichtiger Schritt zu der von ihm angestrebten Herrschaft über den gesamten Ostseeraum, dem ,,dominlum maris Baltici". Später begann Erich einen langen, blutigen und fruchtlosen Krieg mit den Grafen von Holstein um den Besitz von Südjütland bzw. Schleswig (bis 1435). Auch als Unionskönig vergaß der Greifensproß, als Herzog von Pommern Erich 1., seine pommersche Heimat und die damit verbundenen Pflichten nicht. So vermittelte er im sog. Kamminer Bistumsstreit. Seit 1387 beanspruchten die Herzöge von Pommern die Verwaltung des bischöflichen Territoriums um Kolberg und Köslin. Der Streit darum beschäftigte auch die Konzile zu Konstanz (1414-1416) und Basel (1431-1449). In Konstanz wurde 1417 der Bischof mit seinem Bistum belehnt, das 1422 die Reichsstandschaft erhielt, d. h. als Reichsterritorium geführt wurde. 1436 wurde unter Vermittlung König Erich VII. festgelegt, daß die pommerschen Herzöge jede Bischofs- und Domherrenwahl von Kammin bestätigen mußten und ihnen die 1356 begründete Schutzherrschaft zustand. - Im Jahre 1438 entließ Erich der Pommer das Fürstentum Rügen aus der Lehnshoheit Dänemarks.- Die Kosten von Erichs Krieg gegen Holstein, die Blockade der nordischen Häfen durch die feindliche Hanse, deren Privilegien er 1435 unter demütigenden Bedingungen wiederherstellen mußte, und eine unglückliche Innenpolitik gegen schwedische und norwegische (Familien-) Interessen brachten diese Länder gegen den Unionskönig auf. Er wurde 1439 zuerst in Dänemark und dann in Schweden abgesetzt und verlor 1442 auch noch die Krone Norwegens. Schon nach dem Frieden mit der Hanse und mit Holstein 1435 hatte er seinen Plan aufgeben müssen, seinen Neffen Herzog Bogislaw IX. von Pommern-Stolp als seinen Nachfolger durchsetzen zu können. 1439 zog sich Erich grollend nach Gotland zurück, von wo aus er Kaperkrieg gegen seine abgefallenen Länder führte. Als sich Schweden 1449 zur Eroberung Gotlands anschickte, kehrte der König in seine Heimat, in das kleine Teilherzogtum Pommern-Stolp, zurück, wo er selbst das Regiment übernahm und nicht einmal schlecht regierte. Inmitten neuer Auseinandersetzungen im eigenen Hause und gleichzeitiger Fehden zwischen einzelnen Städten und Adelsfamilien starb 1459 Erich der Pommer, der einzige Sproß des Greifengeschlechts, der - wenn auch letztlich erfolglos - versucht hatte, Großmachtpolitik zu betreiben.

1456 wurde in Greifswald eine Universität gegründet. Dabei handelte es sich nicht um eine landesherrliche Stiftung, sondern um eine der Stände und der Bürgerschaft von Greifswald. Greifswald hatte schon in den Jahren 1437 bis 1446 die Universität Rostock während deren Exil beherbergt und in dieser Zeit offenbar Gefallen an einer solchen Einrichtung gefunden, die auch wirtschaftliche Vorteile versprach. Bürgermeister Heinrich Rubenow, Doktor des Römischen Rechts, ist ihr eigentlicher geistiger Vater und bekleidete das Amt des Gründungsrektors. Die Bürgerschaft von Greifswald, die führenden geistlichen Einrichtungen in und um Greifswald und vor allen Dingen Wartislaw IX. von Pommern-Wolgast und Barth (gest. 1457) konnte er von seiner Idee überzeugen. Der Herzog sorgte für die ausreichende Ausstattung der Hohen Schule, und der Bischof von Kammin wurde ihr Kanzler. Damit waren die Grundlagen für die Privilegierungen durch Papst und Kaiser geschaffen, die pünktlich eintrafen. Die Universität wurde feierlich eröffnet. In den ersten Jahren immatrikulierten sich etwa 550 Studenten aus Pommern, Mecklenburg und Brandenburg, aber zum Beispiel auch aus Skandinavien und Schlesien.

Trotz der Entscheidungen und Privilegien der Jahre 1338 und 1348 und der Wirren in der Mark Brandenburg wurde von den dortigen Kurfürsten der Anspruch auf die Lehnshoheit über Pommern nicht aufgegeben. Die Feindseligkeiten zwischen Pommern-Stettin und der Mark lebten auf bzw. fort. 1412 begann der Krieg um den Besitz der Uckermark, in dem Pommern mit seinen Verbündeten Mecklenburg, Magdeburg, Dänemark und Polen 1420 die entscheidende Schlacht bei Angermünde gegen Brandenburg verlor und die Uckermark abtreten mußte, die seit 1354 wieder zu Pommern gehörte. Im Zuge der Kriegshändel, die die Uckermark fast völlig verwüsteten, gerieten die pommerschen Herzöge in die Reichsacht. Gleichwohl erhielten sie wie kurz vor ihnen Wartislaw IX. von Pommern-Barth für alle vorpommerschen Herzöge zu Konstanz 1417 einen Kaiserlichen Lehnsbrief, die Stettiner jedoch nur unter dem Vorbehalt der Erbansprüche von Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg aus dem Hause Hohenzollern. Damit war das 1338/1348 Erreichte in Frage gestellt.

Erich II. (reg. 1457-1474) konnte in einem Bündnis mit Polen gegen den Deutschen Orden 1455 die Lande Lauenburg und Bütow erwerben, einen Zugewinn, den er im Zweiten Thorner Frieden 1466 als Pfandbesitz von Polen auch behielt. 1459 beerbte er Erich I. (den Pommern), Herzog von Pommern-Stolp. Als die Stettiner Linie des Greifenhauses 1464 ausstarb, stellte sich die dortige Erbfolgefrage. Sie mündete im Stettiner Erbfolgestreit, weil Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg das Herzogtum Stettin als heimgefallenes Lehn beanspruchte. Er und sein Bruder Albrecht Achilles hatten Erfolg und erhielten 1466 (erneut 1470) von Kaiser Friedrich III. (1440-1493) Stettin als Reichslehen. Zu Soldin 1466 und im Vertrag bzw. Frieden zu Prenzlau vom 31. Mai 1472 belehnte Albrecht Achilles, der mittlerweile alleine die Mark regierte, Erich II. und Wartislaw X. mit dem Stettiner Teilherzogtum, was der Kaiser 1473 bestätigte. Die Uckermark, die in den Auseinandersetzungen erneut sehr schwer zu leiden hatte, blieb bei Brandenburg, das ein Etappenziel, die Lehnshoheit zumindest über den Stettiner Teil errungen hatte und auch die pommerschen Wappen außer dem Rügens (s. u.) in seinem eigenen weiterführen durfte. Trotz dieser Einschränkungen war Pommern-Stettin jetzt 1472/73 erstmals seit der Trennung von 1295 wieder mit dem gesamten Wolgaster Gebiet vereint. Das Greifenhaus wurde bei seinem Ringen um den Erhalt Pommern-Stettins sehr tatkräftig von Professoren der jungen Universität Greifswald unterstützt. Als besonders geschickter und eloquenter Unterhändler verdient Dr. Matthias v. Wedel Erwähnung (gest. in Wiener Neustadt 1466).

Bogislaw X., der Sohn Erichs II., vereinigte seit 1476 ganz Pommern in seiner Hand. Er gilt als der erfolgreichste Herzog aus dem Greifenhause, was zumindest für die ersten drei Jahrzehnte seines Regiments zutrifft. In seiner Außenpolitik strebte er ein Ende der brandenburgischen Oberhoheit an. In erster Ehe war er recht unglücklich und kinderlos mit Margarete verheiratet, der Tochter von Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg, was aber kriegerische Auseinandersetzungen mit dem alten Feinde nicht unterbinden konnte, die schon 1476 ausbrachen. Kurfürst Albrecht rückte von Königsberg in der Neumark aus erfolgreich in Pommern ein. Nach einem vergeblichen Vermittlungsversuch des polnischen Königs gelang es den Mecklenburger Herzögen in Prenzlau Ende Juni 1479, die Gegner zu einer Einigung zu bewegen. Der Pommer aber mußte für sein ganzes Land, also auch für den Wolgaster Teil, Brandenburg huldigen, das eine Reihe von Plätzen weiterhin besetzt hielt. - 1491 heiratete der seit 1469 verwitwete Herzog Anna, die Tochter König Kasimirs IV. von Polen. Anfang dieser 1490er Jahre trieben die Störungen mit Brandenburg wieder auf einen Krieg zu, doch kam es im März 1493 durch Vermittlung von Kaiser Friedrich III. und König Maximilian I. (1493-1519) zum Vertrag von Pyritz. Kurfürst Johann befreite Bogislaw von den Pflichten des Lehnsempfanges und des Lehnseides, behielt aber die Lehnsherrschaft. Diese wurde von Maximilian 1495 ausdrücklich anerkannt, aber auf das Erbanfallrecht der brandenburgischen Hohenzollern im Falle des Erlöschens des Greifenhauses im Mannesstamme reduziert. Bogislaws Außenpolitik kam 1521 - er hatte seine Tatkraft eigentlich schon lange verloren - zu einem gewissen Abschluß, als er auf dem Reichstag zu Worms gegen den Protest Brandenburgs einen Kaiserlichen Lehnsbrief erhielt. - Als das Reich zu Beginn des 16. Jahrhunderts in sechs bzw. zehn Kreise eingeteilt wurde. kam Pommern mit der Mark Brandenburg, Sachsen und einigen kleineren Territorien zum Obersächsischen Reichskreis.

1496 leistete Bogislaw X. einem Aufruf Maximilians zu einer Romfahrt Folge und begab sich nach Innsbruck, wo er den Entschluß zu einer Pilgerreise in das Heilige Land faßte, zu der er 1497 von Venedig aus aufbrach. Im November 1497 kehrte er nach Europa zurück und traf in Rom mit Papst Alexander VI. zusammen. Von ihm erlangte er ein sog. ,,Privilegium de non evocando", Rechtshoheit in seinen Ländern in kirchlichen Dingen. In Italien lernte er den berühmten Juristen Petrus von Ravenna kennen, der Padua verließ und für die Universität Greifswald gewonnen werden konnte, wo dieser von 1496 bis 1503 lehrte, ohne aber dem römischen Recht in Pommern endgültig zu einem vollständigen Durchbruch verhelfen zu können. Im April 1496 war der Herzog wieder in Stettin, das seit 1491 seine ständige Residenz war. Diese Festlegung ist ein Indiz dafür, daß Bogislaw X. innenpolitisch der eigentliche Gründer des pommerschen Staates war, der bisher noch mehr ein dynastisch bestimmter Personenverband gewesen war. Bogislaw X. schuf in seinem Schloß zu Stettin eine Zentralverwaltung in Form eines kollegial arbeitenden Rates aus Geistlichen und Adeligen. Er reorganisierte die Kanzlei unter dem Kanzler und das Finanzwesen unter dem Landrentmeister sowie die Justiz. In den Ämtern wurden statt der erblichen Vögte landesherrliche Amtshauptleute eingesetzt, die dem Landrentmeister Rechnung legen mußten. Die Amtshauptleute stammten freilich meist aus dem eingesessenen Adel. Neben das Lehnsaufgebot der Ritter traten nunmehr vom Landesherren bezahlte Söldner. Erfolgreich drückte er das Fehdewesen des Adels nieder, und Landreiter sorgten für Ordnung auf dem Lande. - Seit 1502 unterhielt das große Augsburger Handelshaus der Fugger in Stettin ein Kontor, später auch in Stolp. Das Stettiner Handelshaus Loitz war unter dem Herzog auf dem besten Weg, das Monopol im Salzhandel für ganz Nordosteuropa zu erringen und trieb Getreidehandel u. a. mit Marseille. Sein Zusammenbruch 1572 führte zu einer Wirtschaftskrise in Pommern. Mit der Regierungszeit Bogislaws X. nahm auch Pommern Abschied vom Mittelalter und wurde zu einem neuzeitlichen Territorialstaat mit festen Grenzen und einer zeittypischen Struktur.

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