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Kurze Geschichte Pommerns: Inhaltsverzeichnis
This site in English: Early History and Christianity in Pomerania
Pomeranian_Griffin: Die weltweite Pommern-Gruppe im Internet

1. Die Frühgeschichte und Christianisierung Pommerns (bis 1173)

Der Name Pommern kommt vom slawischen ,,po morje" (,,po morze"), was ,,am Meer" bedeutet, und bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts wird in den Quellen das Territorium westlich und östlich der Oder mit dem Zentrum an deren Mündung als Pommern bezeichnet. Pommern wird erstmals in den Annalen des bayerischen Benediktinerklosters Altaich genannt, die nach 1050 verfaßt wurden. Mit den Herzögen von Polen und Böhmen soll im Jahr 1046 Herzog Zemuzil, der ,,dux Bomeraniorum", dem deutschen König Heinrich III. gehuldigt haben, der zuvor Streitigkeiten unter den slawischen Fürsten geschlichtet hatte.

Pommern, das Land am Meer, erstreckt sich von der Halbinsel Darß im Westen bis zum Zarnowitzer See im Osten als ein etwa 50 bis 60 Kilometer breiter oder tiefer Saum entlang der Ostsee, dem ,,Mare Balticum". Es ist zur Ostsee hin geöffnet und auf sie hin orientiert. Wer die Macht an der Ostsee besaß, hatte wesentlichen Einfluß auf die Geschichte Pommerns. Es mißt eine Länge von etwa 370 Kilometern bei einer reinen Küstenstrecke von mehr als 465 Kilometern. Geteilt wird das Land von der Oder. Östlich davon erstreckt sich eine ruhige Küste ohne natürliche Häfen, westlich davon ist die Küste zerklüftet und aufgerissen und bot so den mittelalterlichen Häfen von Stettin, Stralsund, Greifswald und Anklam Raum. Im folgenden werden zum leichteren Verständnis die Begriffe Vor- und Hinterpommern für die Gebiete diesseits und jenseits der Oder verwendet, also auch anachronistisch für Epochen verwendet, in denen diese Bezeichnungen noch nicht üblich waren. - Der südliche Saum Hinterpommerns wird durch einen Teil des ,,Baltischen Landrückens" gebildet, einem Endmoränenzug mit wenig ergiebigem Ackerland. Die wertvollsten Böden hingegen liegen um Stettin und Pyritz, wo sie den sog. Pyritzer Weizacker bilden. Fruchtbar sind zudem weite Landstriche Vorpommerns und Rügens und Teile der hinterpommerschen Küstenebene.

In dieses eben beschriebene Gebiet wanderten nach der Völkerwanderung, nachdem dort viele Jahrhunderte lang Germanen gewohnt hatten, im 6. und 7. Jahrhundert slawische Stämme ein, EIb- und Ostseeslawen (Nordwestslawen). Sie vermischten sich mit den dort verblieben Resten germanischer Stämme und schlossen sich zu Bünden zusammen, im Westen zum Beispiel die Wilzen und seit dem 10. Jahrhundert die Lutizen, auf Rügen die Ranen und im Osten die Pomoranen, die ,,Meeresanwohner", zu denen im Westen auch die Pyritzer gehörten. Das Gebiet der Pomoranen wurde im Westen von der Oder, im Osten von der Weichsel und im Süden von der Netze- und Warthe-Niederung begrenzt. Ihr Herzog Zemuzil ist, wie bereits dargelegt, für das Jahr 1046 bezeugt.

Es gab bei den slawischen Stämmen und Stammesbünden Burgen als Schutzanlagen und ,,Verwaltungsmittelpunkte" (sog. ,,Kastellaneiverfassung"), bei denen sich wohl seit der Mitte des 10. Jahrhunderts Vorburgsiedlungen oder Suburbien als Handels- und Gewerbezentren entwickelten. Das Kernland an der Odermündung wurde jahrhundertelang von dem slawisch-wikingischen Handelsmittelpunkt Jumme, Jumne, Julin bzw. Wollin beherrscht. Es war das Vineta der Sage und das Jomsborg der Wikinger, die Wohin etwa fünfzehnmal eroberten und zerstörten, so die Dänen 1043 unter König Magnus dem Guten. Diese Plätze hatten Märkte und man trieb Fernhandel mit Rußland, Byzanz und Arabien. Vorzugsweise wohnten die Slawen in kleinen Dörfern, die zu größeren Einheiten um Burgen herum zusammengefaßt waren. Sie ernährten sich durch Viehzucht, vom Fischfang und von Beutnerei, betrieben aber auch Ackerbau. Dabei bewirtschafteten sie extensiv in Zweifelderwirtschaft mit einem einfachen Haken einzelne Felder inmitten von Waldungen, Wiesen und Weiden, kannten also keine Fluren. Die Bauern waren von Adeligen abhängig, denen sie Abgaben und Frondienste ebenso schuldeten wie den Landesherren. Diese Menschen hingen polydämonischen Religionen an, die sich zum Beispiel auf Rügen noch bis an das 14. Jahrhundert hielten, etwa ebenso lang, wie man auf der Insel an der alten, extensiven Wirtschaftsform festhielt. Bedroht wurde dieses Siedlungsgebiet außer von den Wikingern von Deutschen und von Polen, die die Pomoranen gegen Ende des 10. Jahrhunderts unterwarfen und dann den Einfluß ihres Erzbistums Gnesen vorübergehend bis nach Kolberg ausdehnen konnten, wo um das Jahr 1000 für kurze Zeit ein Suffraganbistum von Gnesen entstand.

Zu Beginn des 12. Jahrhunderts war Stettin mit mehreren hundert Familien oder etwa 5000 Einwohnern der bedeutendste Platz. Der politische Schwerpunkt hatte sich von der Gegend um Kolberg nach Westen an die Odermündung verlagert. Das Land, das 1128 von da aus beherrscht wurde, reichte etwa von der Linie Demmin-Wolgast im Westen bis zum Gollenberg östlich von Köslin im Osten. Dort herrschte in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts Wartislaw 1., der erste sicher bezeugte Vertreter der ursprünglich slawischen Dynastie, die sich später seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts nach ihrem Wappentier, dem Greifen, benannte und in sechzehn Generationen bei zahlreichen Landesteilungen in Pommern regierte. Von einem fest umgrenzten Territorium freilich kann im frühen 12. Jahrhundert noch nicht gesprochen werden, geschweige denn von einem geordneten Staatengebilde. Wartislaw I. wurde um 1147/48 erschlagen, vielleicht von heidnischen Widersachern. Östlich des von Wartislaw I. beherrschten Pommern-Stettin, das auch als ,,Slavia", ,,Cassubia" oder ,,ducatus Stettinensis et Dimminensis" bezeichnet wurde, hatte sich etwa gleichzeitig eine andere ,,Herrschaft", die späteren Lande Schlawe-Stolp, herausgebildet, die von dem Gollenberg bis zur Leba reichten und in denen damals wohl ein Bruder Wartislaws I. herrschte, Ratibor I. (gestorben um 1156), der Wartislaw I. nachfolgte. Seine Dynastie, die 1227 ausstarb, wird als die der Ratiboriden bezeichnet. - Der östlichste Teil des Siedlungsgebietes der Pomoranen gehörte im 11. Jahrhundert meist zu Polen. Es nahm eine vom übrigen Pommern getrennte Entwicklung und ging als Herzogtum Pommern-Danzig oder Pommerellen in die Geschichte ein. Es reichte etwa von der Leba bis zur Weichsel und wurde bis zu ihrem Erlöschen im Mannesstamm 1294 von der Dynastie der Samboriden beherrscht, die mit den polnischen Piasten und den Greifen verwandt waren. Pommern-Danzigs Entwicklung kann hier weitgehend unberücksichtigt bleiben.

1121/22 eroberten die Polen unter Herzog Boleslaw III. ,,Schiefmund" Stettin, und Wartislaw I. mußte sich ihm unterwerfen. Zu derselben Zeit etwa dehnte er seinen Herrschaftsraum auf das Gebiet bis zur Müritz und Peene aus, in Absprache oder vielleicht sogar im Auftrag des polnischen Herrschers. Bei seiner Unterwerfung unter den polnischen Herzog sagte Wartislaw I. zu, sein Gebiet dem Christentum zu öffnen. Da sich der Klerus Polens einer Missionstätigkeit in Pommern-Stettin versagte, rief der Polenherzog den ihm von dessen früheren Polenaufenthalten bekannten Bischof Otto von Bamberg (gestorben 30. Juni 1139), einen schwäbischen Adeligen, nach Pommern. Der Kirchenfürst, der auch als Apostel der Pommern bezeichnet wird, brach 1124 zu seiner ersten Missionsreise auf, die wohlorganisiert und mit den entscheidenden Machthabern mehr oder weniger abgesprochen war. Über Prag, Breslau und Gnesen zog er u. a. nach Pyritz, Kammin, Wollin, Stettin, Garz auf Usedom (?), Lebbin, Cloden, Kolberg und Belgard an der Persante, predigte dort und taufte noch 1124 Wartislaw I. und einen großen Teil der einheimischen Bevölkerung. 1129 folgte nach heidnischen Aufständen in Pommern, wohl bedingt durch das Ausgreifen des Herzogs nach Westen, die zweite Missionsreise Ottos von Bamberg. Nach Absprache mit König Lothar III. von Supplinburg (1125-1137) nahm sie in Merseburg ihren Anfang und führte über Magdeburg, dessen Erzbischof ins Vertrauen gezogen wurde. In demselben Jahr nahmen als Folge der Tätigkeit Ottos die Großen der neugewonnenen Gebiete im Westen zu Usedom den christlichen Glauben an. - Als Bischofsitz war Wollin vorgesehen. Nicht geklärt war freilich, ob dieses Bistum, dessen Ostgrenze in etwa die Leba war, zur Kirchenprovinz von Magdeburg oder zu der von Gnesen gehören sollte, weshalb sich die Gründung verzögerte. Sie erfolgte dann 1140 mit dem Sitz in Wollin, ohne daß Magdeburg und Gnesen ihre Ansprüche aufgaben. - Als Wollin 1170 von den Dänen wieder einmal gründlich zerstört wurde, wich der Bischof zunächst nach Usedom aus und verlegte um 1170 seinen Sitz nach Kammin, wo in demselben Jahr ein Domkapitel gegründet wurde. 1176 erhielt das Bistum Kammin das Recht der freien Bischofs- und Domkapitelwahl, 1188 die Exemtion, d.h. es wurde direkt Rom unterstellt, was vielleicht auch schon 1140 angelegt worden war.

In den eingangs erwähnten fruchtbaren Landstrichen Pommerns folgten auf die Christianisierung Klostergründungen: das Benediktinerkloster Stolpe an der Peene (1153), in das Magdeburger Mönche Einzug hielten, die Prämonstratenserklöster Grobe auf Usedom (1156, ab 1309: Pudagla) und Belbuck bei Treptow an der Rega (1178) sowie die Zisterzienserklöster Dargun (1172), das später an Mecklenburg fiel, und Kolbatz (1173), das vom dänischen Esrom gegründet wurde. Zu nennen ist hier auch das Jakobipriorat der Benediktiner in Stettin, eine Filiale des Klosters Michelsberg zu Bamberg. Die Klöster des 12. Jahrhunderts waren zunächst häufig nicht von deutschen Mönchen und Nonnen bewohnt, sondern meist von solchen aus Dänemark. Das sollte sich erst im 13. Jahrhundert ändern. - Erwähnt werden müssen in diesem Zusammenhang die Niederlassungen der großen geistlichen Ritterorden. Die Johanniter sind seit etwa 1160 in Schlawe und in der Gegend von Kolberg nachzuweisen und haben vielleicht Ende des 12. Jahrhunderts Burg Stargard (Alt Stargard, Preuß. Stargard an der Ferse) gegründet. An die Templer, die 1312 aufgelöst und wie in ganz Europa so auch in Pommern im Laufe der folgenden Jahrzehnte von den Johannitern beerbt wurden, erinnert Tempelburg, das dann zu Polen kam und 1657 an die Brandenburger fiel. 1234 wurden den Templern die Lande Bahn und Küstrin übertragen.

Nächstes Kapitel: 2. Pommern zwischen Polen, Dänemark, Sachsen und Brandenburg (1135-1194)




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