1943
Wilhelm Mauß zusammen mit seiner Frau Margarete und beider Söhne Wilhelm (links, später Oberst der Deutschen Bundeswehr) und Ulrich (+ Orel/Russland) vor dem artesischen Brunnen in Groß Tuchen, der von ihm entdeckt worden war; er konnte mit der Wünschelrute umgehen. Die Inschrift auf dem Stein war: "Du sollst wie's Wasser sein. Stets klar und rein."

 
1946
Nach Gefängnis und Vertreibung

 

1968
Im Ruhestand





Groß Tuchen:
History, culture, sociology and genealogy
of a town in Easter Pomerania 



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 © Heinz Radde 1998-2010
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Wilhelm Mauß (1893-1971)
- Pädagoge und Politiker

Wilhelm Mauß aus Regenwalde war von 1926 bis 1933 in Pyritz als Lehrer an der Knabenschule tätig. Dieser politisch engagierte Mann hat in den 6 1/2 Jahren seines Wirkens im Weizacker sicher viele Gegner gehabt, da sich um 1930 das politische Leben unheilvoll polarisierte, der politisch Andersdenkende zum Todfeind und Vaterlandsverräter erklärt wurde.

Lehrer Wilhelm Mauß hatte aber auch viele Freunde, und in seiner Partei, der SPD, wurde er der führende Kopf. Er wurde schon 1929 als Abgeordneter in den Kreistag und in den Stadtrat gesandt. Neben manchem anderen Amt war er außerdem Ratsherr der Stadt Pyritz. Lehrer Mauß war ein gütiger und freundlicher Pädagoge, der die Kinder niemals die politische Gegnerschaft ihrer Eltern in den demokratischen Gremien entgelten ließ.

Am 5. 4. 1933 wurde er aus politischen Gründen vorn Schuldienst beurlaubt, bis er zunächst im Juli in die einklassige Schule Pammin, Kreis Dramburg, verbannt, jedoch schon im Oktober 1933 in die dreiklassige Schule Groß Tuchen, Kreis Bütow, versetzt wurde, wo er bis zum 28. Februar 1945 im Dienst bleiben konnte, geachtet von den Bewohnern des Dorfes und der Nachbarorte. Beim Einmarsch der Russen verlor er natürlich sein Amt, blieb aber bis zum Dezember 1945 bei seiner Gemeinde und mußte mit ihr die Drangsalierungen der neuen Herren erdulden. Wie schon in seinen jungen Jahren in Trieglaff war Wilhelm Mauß auch in Groß Tuchen Organist in der Kirchengemeinde und Standesbeamter. Er hielt für die zurückgebliebenen Deutschen, die in unvorstellbarer Not lebten, evangelischen Gottesdienst in Groß Tuchen.
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Dabei kündigte er auch den Tod vieler Geschundener ab, was ihm die Verhaftung durch die polnischen Behörden eintrug. Wochenlang sperrte man ihn ins Gefängnis der Kreisstadt Bütow und mißhandelte ihn schwer. Er wurde so geschlagen, daß er u. a. einen Nabelbruch davontrug. (In verschiedenen Berichten von Groß Tuchnern über die Vertreibung wird darüber berichtet.)

Nach der Vertreibung blieb er nur 4 Monate in der sowjetischen Besatzungszone als Lehrer der einklassigen Schule zu Grünz, Kreis Randow. Dann siedelte er nach Beiningen im Kreise Ulm über, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1958 an der einklassigen Schule schwäbische Kinder unterrichtete. Auch hier stellte er sich wieder als Politiker zur Verfügung und war von 1950 bis 1953 Kreistagsabgeordneter in Ulm an der Donau.

Wilhelm Mauß war ein Sozialdemokrat der Richtung Kurt Schuhmacher, der in seinen letzten Lebensjahren mit Sorgen die Entwicklung seiner Partei verfolgte, für die er in seinem Leben so manches Opfer gebracht hatte. Zum Beispiel mußte er sein neues Haus 1933 verlassen.

Lehrer Mauß hat mit seiner ganzen Kraft für ein demokratisches Deutschland gearbeitet. Er mußte wie viele die Folgen einer unheilvollen Politik tragen, vor der er viele Jahre gewarnt hatte. Er mußte als Deutscher die Verfolgungen der Sieger erdulden, er verlor seinen Sohn Ulrich, der 1943 als Leutnant bei Orel gefallen ist, und er mußte hören, daß sein alter Vater, der Schuhmachermeister Wilhelm Mauß, in Regenwalde beim Einmarsch der Russen im eigenen Haus lebendig verbrannte. Sein in Württemberg lebender Sohn Wilhelm Mauß junior, Jahrgang 1920, ist Oberst a.D. der Bundeswehr. Sein jüngster Sohn Horst Mauß, Jahrgang 1927, war Betriebsingenieur, er starb 1999.

 

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