Elisabeth Burmeister geb. Selitzki Eggestr. 52 32758 Detmold Tel. 05232-86510

Die Vertreibung aus Großtuchen, Kreis Bütow, am 4. August 1946

Morgens um 4 Uhr weckte uns die polnische Polizei. Sie schlug mit dem Gewehr an die Fenster und rief: "Heute hinter die Oder fahren!" Ein Pole mit dem Pferdewagen stand bereit, um uns ins Dorf zu fahren. Es mußte alles sehr schnell gehen. Der eine Polizist stand draußen und wartete, der andere war im Zimmer und trieb uns an. So konnten wir uns nicht mal richtig anziehen. Wir durften 80 Pfund Gepäck mitnehmen. Da haben wir die Betten zusammengebunden und auf den Wagen geladen; aber der Pole hat sie wieder runter geworfen. So haben wir nur mit einer Tasche in der Hand und einem halben Brot unser Haus und unseren Hof verlassen müssen. Im Dorf angekommen, hat uns Bauer Emil Trapp in Empfang genommen. Er hatte eine Liste mit den Namen der Leute, die Großtuchen verlassen mußten. Als alle anwesend waren, wurden wir von den Polen nach Bütow zum Bahnhof gebracht. Nach langem Warten kam endlich ein Zug. Es war ein Güterzug. Wir machten uns die Waggons sauber und konnten dann in einen Viehwagen einsteigen. Wieder langes Warten. Endlich fuhr der Zug ab. Strecke Rummelsburg - Schneidemühl. Es gab viele Unterbrechungen. Polen kamen und plünderten, die Polizei machte ihre Kontrollgänge. Nach drei Tagen Fahrt sind wir dann in Stettin-Frauendorf angekommen. Zuerst Zollkontrolle. Dort nahm man uns die Sparbücher weg, andere Wertsachen hatten wir nicht mehr. Wir wurden entlaust und registriert und kamen dann ins Lager nach Scheune. Wir wurden jeden Tag nach Stettin gefahren. Dort mußten wir Wohnungen säubern und Aufräumungsarbeiten machen; manchmal auch privat beim Polen.

Nach ungefähr drei Wochen ging der Transport weiter nach Lübeck. Dort waren wir einen Tag und eine Nacht und kamen dann nach Uelzen. Dort waren wir mehrere Tage. Am 10. September sind wir dann in Detmold angekommen. Wir wurden in die umliegenden Dörfer verteilt. Ich bin mit meinen Eltern, Gustav und Therese Selitzki, und meinem Sohn Siegfried nach Pivitsheide gekommen. Die Eltern sind inzwischen verstorben, aber mein Sohn und ich wohnen noch dort.

gez. Elisabeth Burmeister geb. Selitzki