Auszug aus:
Geschichte und Kultur der
Juden
in Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen
(Internetpublikation um 2004)
Herausgeber:
Salomon Ludwig-Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte e.V.
Geibelstr. 41
D-47057 Duisburg
Redaktion: Detlef Bauszus, Peter Berghoff, Aubrey Pomerance, Suzanne Zittartz
HTML-Umsetzung: Rolf
Herzog
V.i.S.d.P.: Prof. Dr. Michael Brocke
ISSN 0948-1753
©
Steinheim Institut
Das
Forschungsprojekt im Steinheim-Institut wird seit 1988 in drei Teilabschnitten
durchgeführt.
Die Erforschung der Provinzen Schlesien und Pommern anhand
ausgewählter Themen wurde bereits abgeschlossen, der aktuelle
Bearbeitungsschwerpunkt konzentriert sich auf die jüdische Geschichte in Ost-
und Westpreußen.
Zur Zeit sind Dipl. Päd. Margret Heitmann, Dipl. Soz. Wiss.
Harald Lordick und Axel Vinkmann als Mitarbeiter im Projekt beschäftigt.
Drittmittelgeber ist das Bundesministerium des Innern.
Pommern
Im
"Land am Meer", so der slawische Name für Pommern, werden Juden vom
13. bis in die Mitte des 14.Jahrhunderts nur vereinzelt erwähnt. In den Jahren
1663 bis 1667 waren jährlich zwischen 35 bis 70 jüdische Kaufleute im Lande
tätig, die ein landesherrliches Geleit und eine Handelskonzession besaßen,
ihren ständigen Wohnsitz aber vorwiegend in Polen hatten. Im schwedischen Teil
des seit dem Westfälischen Frieden geteilten Herzogtums werden Juden erst Ende
des 17. Jahrhunderts erwähnt. Als auch Schwedisch-Vorpommern 1815 an Preußen
fiel, wurde das Emanzipationsedikt vom 11. März 1812 hier nicht angewandt; erst
1847 wurde diese regionale Sonderstellung aufgehoben. Die Gründung der später
größten jüdischen Gemeinde des Landes erfolgte in der Hauptstadt Stettin
ebenfalls erst im Jahre 1816, als Pommern bereits preußische Provinz war.
Pommern war für Friedrich II., wie für seinen Großvater, den Großen Kurfürsten,
von besonderem wirtschaftlichem Interesse. Seitens der pommerschen Regierung
entstand 1754 der Plan, eine autonome Judenstadt an der Leba zu errichten, um
den Handel zwischen Polen und Pommern zu intensivieren. Das Vorhaben wurde
schließlich verworfen, weil Friedrich II. ein rasches Anwachsen und die
wirtschaftliche Konkurrenz der jüdischen Bevölkerung zum Nachteil seiner
christlichen Untertanen befürchtete.
Der jüdische Bevölkerungsanteil in Pommern ist in der Geschichte durchgängig
niedrig geblieben. Um das Jahr 1803 betrug der Anteil 0,3% (1716
Personen). Im Vergleich zu anderen preußischen Provinzen hatte Pommern mit die
geringste Quote: An der Spitze lag Posen mit 6,38%, jedoch hatten von den
51959 Juden nur acht das Staatsbürgerrecht, gefolgt von Westpreußen (2,26%),
Ostpreußen (0,25%) und Sachsen (0,26%). Zwar nahm die Zahl der pommerschen
Juden zwischen 1825 (4176) und 1889 (13886) deutlich zu, ging dann jedoch
wieder kontinuierlich zurück: im Jahre 1925 wurden noch 7761 jüdische Einwohner
registriert.
Als
Ergebnis des Forschungsprojekts wurde die hier in groben Zügen skizzierte
deutsch-jüdische Geschichte in der Provinz Pommern vom 17. Jahrhundert bis in
die Gegenwart in einem Sammelband dokumentiert. Der Band enthält Beiträge zu
den Kapiteln Stadtgeschichte, Regionalgeschichte, Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte, Antisemitismus und Holocaust. Zudem informiert ein
Beitrag über die Geschichte und Aufgaben des Gesamtarchivs der deutschen Juden
unter besonderer Berücksichtigung der pommerschen Archivbestände; den Abschluß
bildet eine Auswahlbibliographie. Als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten
wird damit die erste umfangreiche Veröffentlichung zur Geschichte der Juden in
Pommern vorgelegt. Da es bisher keine Gesamtdarstellung zu den pommerschen
Juden und nur eine Monographie über die jüdische Gemeinde Stettin gab, liegen
allen Beiträgen des Sammelbandes umfangreiche Archivrecherchen zugrunde.
Benutzt wurden ca. 20 Archive in Polen, Israel, USA sowie in den sogenannten
neuen Bundesländern. Die Herausgeber waren bemüht, mit diesem Band neben
Wissenschaftlern und wissenschaftlichem Nachwuchs auch einer interessierten
Öffentlichkeit ein möglichst breites Spektrum des kulturellen, sozialen und
wirtschaftlichen Lebens der Juden in der ehemaligen Provinz vorzustellen.
Aus dem Projekt hervorgegangene Publikationen:
Lucas, Franz D./Heitmann, Margret: Stadt des Glaubens. Geschichte und Kultur der Juden
in Glogau, 2. Aufl., Hildesheim 1992
Heitmann,Margret, Zur Geschichte der Juden in Glogau, in: Glogau im Wandel der Zeiten -
Glog¢w poprzez wieki, bearb. von Werner Bein, Johannes Schellakowski und Ulrich
Schmilewski, Würzburg 1992
Walk,
Joseph: Die "Jüdische Zeitung für Ostdeutschland" 1924-1937.
Zeitgeschichte im Spiegel einer regionalen Zeitung, Hildesheim 1993
Adam, Jacob:
Zeit zur Abreise, bearb. und hrsg. von Jörg H. Fehrs und Margret Heitmann,
Hildesheim 1993
Flucht
vor der Taufe, Der Übertritt des Marcus Joel aus Glogau und seine Folgen,
in:
Menora, Jahrbuch für deutsch- jüdische Geschichte, Bd. 5, 1994, S. 349-365
Bibliographie
zur Geschichte der Juden in Schlesien, von Margret Heitmann und Andreas Reinke
in Zusammenarbeit mit Harald Lordick und Heike Teckenbrock (= Bibliographien zur
deutsch- jüdischen Geschichte, Bd. 6), München u.a. 1995
Margret
Heitmann/Harald Lordick, Zur Geschichte der Juden in Schlesien vom 18.
Jahrhundert bis 1933, in: "... liegt die Heimat auch in weiter
Ferne", Ein deutsch-polnisches Ausstellungs- und Kulturarbeitsprojekt zur
Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg, Hrsg.
Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch e.V. Berlin (erscheint 1995)
"Halte
fern dem ganzen Lande jedes Verderben...", Geschichte und Kultur der Juden
in Pommern, hrsg. von Margret Heitmann und Julius H. Schoeps unter Mitwirkung
von Bernhard Vogt (erscheint 1995)